Dunkles by Goerz Tommie

Dunkles by Goerz Tommie

Autor:Goerz, Tommie
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-03-26T00:00:00+00:00


Wenn man angekettet ist,

kann man sich auch nicht ausziehen.

Jan Philipp Reemtsma, Im Keller

15. Kapitel

Kommissar Behütuns hatte seine Leute heimgeschickt. Zehn nach fünf, eine gute Beamtenheimgehzeit. Heiß war es außerdem, und noch so eine Sitzung wie vorgestern in der Tiefgarage wollte er nicht wieder haben. Die anderen frotzelten schon im Präsidium. Außerdem – was hätten sie auch besprechen sollen? Es gab ja nichts. Alles hatte sich bisher wie in Luft aufgelöst. Es gab nicht einen einzigen Anhaltspunkt. Dick fuhr nach Hause, mit den Kindern spielen, und P. A. quälte Jaczek und half ihm wieder beim Packen. Umpacken.

Ob er noch einmal hinausfahren sollte ins Streitberger Bad? Der Gedanke reizte ihn schon sehr. Allerdings – da würde er vor sechs kaum ankommen, und die machten bestimmt schon um sieben zu. Spätestens. Außerdem: Am späten Nachmittag lag dieses Bad ohnehin meist im Schatten. Weil hinten gleich der Berg losging, und der Wald. Nein, Streitberg war für diese Uhrzeit zu weit weg. Was gab es denn hier in der Umgebung?

Kommissar Behütuns fuhr nach Hause. Nahm die Post aus dem Kasten unten, der Briefkasten neben dem seinen quoll über. Flüchtig nahm er wahr, dass noch der Blitz dabei war. Mindestens seit einer Woche nicht mehr geleert, dachte er, wenn der Sonntagsblitz schon so weit außen in dem Stapel steckt. Dass das den Austrägern so was von egal ist, wie das aussieht. Aber denen war das wirklich egal. Manchmal legten die einen ganzen Stapel einfach in den Hausgang hinein, mitten ins Treppenhaus. Im schlimmsten Fall sogar nur vor die Haustür. Dann flog das Zeug, wenn der Wind es erfasste, quer über die ganze Straße.

Es war stickig im Treppenhaus. Niemand machte hier mal ein Fenster auf, damit es ein wenig durchzog. Keiner fühlte sich zuständig. Behütuns stapfte die Treppen hoch. Eine Kippe lag auf einer Stufe, ausgetreten, und an mehreren Stellen abgefallene Zigarettenasche. Der Raucher aus dem Vierten. Bei dem mussten die Wände schon gelb sein. Grässlich, wenn so einer mal auszieht. Den Rauch kriegt der Nachmieter doch gar nicht mehr raus, der hängt doch überall. Manchmal roch Behütuns ihn sogar in seinem Schlafzimmer. Als käme er von oben durch die Decke. Oder unter der Türritze durch. In diesen Altbauten gab es ja jede Menge Ritzen, vor allem unter den Türen. Vielleicht kam der Rauch ja dort herein. Irgendwann wird der die Bude einmal abfackeln. Schläft auf seinem Sofa ein mit einer Kippe in der Waffel und wacht nicht mehr auf. Es wurde Zeit, dass sich Behütuns endlich eine andere Wohnung suchte. Dabei war der Altbau eigentlich sehr schön. Er würde das nie schaffen, sich eine neue Bleibe zu besorgen. Auf der anderen Seite: Jaczek hatte es ja auch geschafft, wenn auch nicht ganz freiwillig. Aber was hieß denn hier freiwillig – bei ihm war es doch auch nicht freiwillig, oder? Behütuns schloss die Wohnungstür auf. Es roch nach kaltem Zigarettenrauch.

Er lüftete, nahm sich die Zeitung und setzte sich auf den Balkon. Jetzt, wo es so heiß war, war der Balkon angenehm, denn er lag im Schatten. Nach Osten, zur Straße hin, zu den Bäumen.



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